In den letzten Wochen und Monaten mehren sich Durchsuchungen der Steuerfahndung bei Gastronomen. Neben den üblichen Verdachtsmomenten der Finanzbehörde, z.B. wegen vermeintlichen Schwarzein-/verkäufen oder angeblichen Schwarzlohnzahlungen, zeichnet sich dieses Mal eine andere Qualität der Ermittlung ab. Die bisher bekannten Fälle von Durchsuchungen fanden zum einen i.d.R. während einer (teilweise schon länger) andauernden Betriebsprüfung statt. Ferner haben die Fälle insbesondere gemein, dass bei allen betroffenen Betrieben Auslöser die Annahme des Betriebsprüfers war, dass die Kassensoftware nicht mehr nachvollziehbare Manipulationsmöglichkeiten biete, zum Beispiel in Form von Stornierungen, und die betroffenen Gastronomen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hätten.
Mitarbeiter der Finanzverwaltung haben sich offenbar recht intensiv mit der ein oder anderen Software beschäftigt, und halten diese für manipulierbar. Diese Vorgehensweise zeigt deutlich eine angepasste Taktik bzw. eine neue Variante des Risikomanagements der Finanzverwaltung, nämlich die Personalnot durch auf bestimmte, insbesondere bargeldintensive Gewerbezweige spezialisierte Beamte zu kompensieren, die die dort genutzte technische Ausstattung genauso gut oder sogar besser verstehen, als die Anwender selbst.
Dabei beschränkt sich die Finanzverwaltung nicht nur auf Gastronomiebetriebe. Dieselbe Taktik wird auch bei allen anderen bargeldintensiven Unternehmungen angewendet, so zum Beispiel bei Friseuren, Spielhallenbetreibern oder bei kleineren Einzelhandelsunternehmen. Aufgabe der Beraterschaft muss es daher sein, Mandanten in bargeldintensiven Gewerbezweigen frühzeitig zu sensibilisieren und vor unangenehmen Überraschungen im Rahmen einer Betriebsprüfung zu schützen. Hierhin gehören auch Überlegungen, für Mandanten die ja nach wie vor mögliche Selbstanzeige abzugeben, was zum Beispiel nach genauer Prüfung des Einzelfalls zumindest im Wege einer entsprechend sicheren Schätzung noch möglich sein kann, bevor die Prüfungsanordnung bekannt gegeben wurde.
Damit der Berater selbst nicht Gefahr läuft wegen Beihilfe oder (Mit)Täterschaft an der Steuerhinterziehung des Mandanten strafrechtlich und haftungsrechtlich belangt zu werden, muss das Mandat unverzüglich niedergelegt werden, wenn Steuerstraftaten des Mandanten bekannt werden und der Mandant insbesondere auch für die Zukunft nicht bereit ist, den rechtswidrigen Zustand abzustellen (zum Beispiel durch eine Selbstanzeige).
Dass insbesondere letztere Überlegung von erheblicher Bedeutung sein kann, zeigt zudem ein aktueller Beschluss des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Januar 2015 Az. 5 V 2068/14
Im Rahmen eines Verfahrens wegen einstweiligen Rechtsschutzes gegen einen Haftungsbescheid hat das Finanzgericht den antragstellenden Geschäftsführer einer Herstellerfirma für -durch ein kleines Zusatzprogramm manipulierbare- Kassensoftware in ebenso kurzen wie deutlichen Worten davon in Kenntnis gesetzt, dass die Entscheidung der Finanzverwaltung, ihn persönlich nach § 71 AO wegen Teilnahme an einer Steuerhinterziehung des Nutzers eines solchen Kassensystems für den entstandenen Steuerschaden in Haftung zu nehmen, nicht ermessensfehlerhaft ist. Deutlich wird also die Tendenz, auch diejenigen strafrechtlich und haftungsrechtlich zu belangen, die für andere Steuerpflichtige lediglich die Möglichkeit schaffen, eine Steuerhinterziehung mit den Produkten oder Dienstleistungen des Anbieters zu begehen. Schon jetzt, insbesondere aber, wenn und soweit diese Rechtsansicht in einem rechtskräftigen Urteil verankert wurde, wird voraussichtlich eine wahre Flut von Mitteilungen über die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens über entsprechend risikobehaftete Steuerpflichtige hereinbrechen, alleine schon weil dies die Möglichkeit der Haftungsinanspruchnahme eines Zulieferers oder Dienstleisters für Steuern ihrer Kunden deutlich einfacher und damit ebenso attraktiver für die Finanzbehörden machen wird.
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