Unternehmer und Geschäftsführer
Betriebsprüfung: Kein Anspruch auf
Informationen zur Richtsatzsammlung
Jahr für Jahr gibt das Bundesfinanzministerium die Richtsatzsammlung heraus, die für viele Branchen beispielsweise die gängigen Rohgewinnaufschläge auf den Waren- und Materialeinsatz auflistet. Die Richtsätze sollen der Finanzverwaltung
Anhaltspunkte geben, um Umsätze und Gewinne der Gewerbetreibenden zu verproben. Tatsächlich dient die Richtsatzsammlung oftmals als Schätzungsgrundlage im Anschluss an Betriebsprüfungen, wenn der Prüfer Mängel in der Kassenführung oder Buchführung feststellt. Zumindest kommt es im Rahmen von Außenprüfungen zu Diskussionen, wenn zum Beispiel die Rohgewinnaufschläge des geprüften Betriebs weit unterhalb der Richtsätze laut Richtsatzsammlung liegen. Schon seit einiger Zeit steht die Richtsatzsammlung der Finanzverwaltung in der Kritik, denn wie das zugrunde liegende Zahlenmaterial zusammengetragen wurde und ob es wirklich repräsentativ ist, ist für Außenstehende kaum nachvollziehbar.
Nun hat der Bundesfinanzhof dennoch entschieden, dass ein Steuerpflichtiger keinen Anspruch auf Informationen hat
hinsichtlich der Unterlagen, die der Erstellung der amtlichen Richtsatzsammlung zugrunde liegen (BFH-Urteil vom 9.5.2025,
IX R 1/24). Im Finanzverwaltungsgesetz bestehe eine spezialgesetzliche Regelung, die eine Vertraulichkeit hinsichtlich des Zustandekommens von Schreiben des Bundesfinanzministeriums und damit auch der Richtsatzsammlung anordne. Damit sei ein
Informationsanspruch – im Urteilsfall nach dem Informationsfreiheitsgesetz Mecklenburg-Vorpommern – ausgeschlossen.
Praxistipp:
Das Urteil bedeutet nicht, dass die Richtsatzsammlung nun ohne Weiteres zur Verprobung von Umsätzen und Gewinnen dienen darf. Die Schätzung anhand der Werte der Richtsatzsammlung unterliegt in vollem Umfang der tatsächlichen und rechtlichen
Überprüfung – darauf weist der BFH explizit hin. Im Übrigen ist zu der Frage, ob und – wenn ja – unter welchen Voraussetzungen ein „äußerer Betriebsvergleich“ anhand der Richtsätze der amtlichen Richtsatzsammlung des BMF zulässig ist, noch ein Verfahren beim BFH anhängig. Das heißt, es ist noch zu klären, ob die Richtsatzsammlung als Grundlage für Hinzuschätzungen im Rahmen einer Betriebsprüfung dienen kann (BFH-Beschluss vom 14.12.2022, X R 19/21).
Corona-Soforthilfe: Streit um das Jahr
der Betriebseinnahme bei Rückzahlung
Im Jahre 2020 hatten viele Unternehmer die Corona-Soforthilfe beantragt. Seinerzeit stand sie allerdings unter dem Vorbehalt
einer späteren Überprüfung. Tatsächlich mussten zahlreiche Unternehmer die Soforthilfe später wieder ganz oder teilweise
zurückzahlen. Bei Einnahmen-Überschussrechnern ergibt sich steuerlich in diesen Fällen die Frage, ob die Corona-Soforthilfe zunächst im Zeitpunkt der Zahlung, also im Jahr 2020, als Betriebseinnahme zu versteuern und im Jahr der Rückzahlung als
Betriebsausgabe abzuziehen ist. Oder ob die Einnahme im Jahre 2020 aufgrund der späteren Rückzahlung (bzw. aufgrund des
von Anfang an bestehenden Rückzahlungsvorbehalts) in 2020 außen vor zu bleiben hat. Die Antwort muss nun der Bundesfinanzhof in dem Verfahren mit dem Az. VIII R 4/25 geben. Vorausgegangen ist das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 13.2.2024 (12 K 20/24). Dieses hat entschieden, dass die Corona-Soforthilfen im Zeitpunkt des Zuflusses steuerpflichtige Betriebseinnahmen darstellen. Die Rückzahlung führt erst später zu Betriebsausgaben und wirkt nicht auf das Jahr der Bewilligung zurück.
Der Kläger war freiberuflich tätig und ermittelte seinen Gewinn per Einnahmen-Überschussrechnung. In 2020 erhielt er eine Corona-Soforthilfe in Höhe von 10.527 Euro. Diese erfasste er als Betriebseinnahme. In 2023 musste er 9.242 Euro zurückzahlen. Nun wandte sich der Kläger gegen die Versteuerung in 2020.
In Höhe des zurückzuzahlenden Betrages handele es sich um eine nicht als Betriebseinnahme zu erfassende Darlehensgewährung. In 2020 sei nur der dem Kläger verbleibende Betrag als Betriebseinnahme zu erfassen. Alternativ komme die Annahme
eines so genannten rückwirkenden Ereignisses und damit eine Korrektur des Steuerbescheides 2020 nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO
in Betracht. Doch sein Anliegen blieb ohne Erfolg. Das Finanzamt habe zu Recht die Auszahlung der Corona-Soforthilfe in Höhe
10.527 Euro als steuerpflichtige Betriebseinnahme im Streitzeitraum 2020 behandelt – so das Finanzgericht.
Da im Zeitpunkt der Gewährung der Corona-Soforthilfe ungewiss war, ob und in welcher Höhe überhaupt eine Rückzahlung
erfolgen würde und zudem auch der Zeitpunkt nicht feststand, sei die Annahme des Klägers, dass es sich bei der Gewährung
der Corona-Soforthilfe um ein Darlehen gehandelt habe, abzulehnen. Soweit die Corona-Soforthilfe nach der Überprüfung
durch die zuständigen Stellen zurückgezahlt werden musste, wirke diese Entscheidung im Übrigen auch nicht materiell auf
den Zeitpunkt der Gewährung der Soforthilfe zurück. Eine Änderung des Steuerbescheides 2020 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
AO scheide damit aus. Eine Steuerfreiheit der Corona-Soforthilfen komme ebenfalls nicht in Betracht. Da die Soforthilfen zum
Zwecke des Ausgleichs betrieblicher Fixkosten und nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts geleistet wurden, sei eine
Anwendung der Befreiungstatbestände aufgrund der vorliegenden betrieblichen Zweckbindung abwegig.
Praxistipp:
Der BFH muss sich in einem weiteren Verfahren auch mit der Versteuerung der Überbrückungshilfe Plus für Selbstständige (hier: des Landes Nordrhein-Westfalen) befassen. Das Az. dieser weiteren Revision lautet VIII R 34/23. Die Vorinstanz, das FG Düsseldorf, hatte mit Urteil vom 7.11.2023 (13 K 570/22 E) entschieden, dass die Corona-Überbrückungshilfe (hier: für die Monate Juni bis August 2020) in voller Höhe als steuerpflichtige Betriebseinnahmen zu erfassen ist. Das FG hatte aber die Revision zugelassen, die auch eingelegt worden ist.
Umsatzsteuer: Keine Minderung bei
Insolvenz der „Zahlstelle“
Im Jahre 2020 wurden viele Apotheker von der Insolvenz eines von ihnen beauftragten Apothekenrechenzentrums erschüttert. Die betroffenen Apotheker haben mitunter sehr hohe Forderungsausfälle zu beklagen. Nun hat der Bundesfinanzhof
entschieden, dass die Apotheker die Umsatzsteuer für bereits erbrachte Leistungen aber trotz der Insolvenz ihres Rechenzentrums nicht mindern dürfen. Bedient sich ein leistender Unternehmer zur Einziehung seiner Entgeltforderungen eines anderen Unternehmers, einer so genannten Zahlstelle, so vereinnahmt er das Entgelt spätestens dann, wenn die Zahlungen der
Leistungsempfänger (der Krankenkassen) bei der Zahlstelle eingehen. Der Umstand, dass die Zahlstelle den vereinnahmten Betrag nicht an den leistenden Unternehmer weiterleitet, führt nicht dazu, dass sich die Bemessungsgrundlage für die vom Unternehmer an die Leistungsempfänger erbrachten Leistungen mindert (BFH-Urteil vom 30.4.2025, XI R 15/22).
Der Kläger, ein Apotheker, übertrug die Abrechnung mit den Krankenkassen einem Rechenzentrum (§ 300 Abs. 2 SGB V). Dieses vereinnahmte die Zahlungen der Krankenkassen und leitete sie anschließend an den Kläger weiter – bis zur Insolvenz des Rechenzentrums. In seinen Umsatzsteuer-Voranmeldungen für August und September 2020 berücksichtigte der Kläger zunächst die noch offenen Restzahlungen des Rechenzentrums. Nachdem die Restzahlungen des mittlerweile insolventen Rechenzentrums
ausgeblieben sind, legte der Kläger gegen die Umsatzsteuer-Voranmeldungen jeweils Einspruch ein und machte geltend, dass
die Umsatzsteuer wegen der Uneinbringlichkeit der Forderungen nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu berichtigen sei. Einspruch und
Klage blieben ohne Erfolg. In dem Revisionsverfahren wurde das Urteil des Finanzgerichts zwar aus verfahrensrechtlichen
Gründen aufgehoben, rein materiell sieht der BFH die Revision des Klägers aber als unbegründet an.
Das Rechenzentrum gilt als Zahlstelle des Klägers. Dementsprechend erlischt zivilrechtlich mit der Zahlung der Krankenkasse
auf das ihr benannte Konto die Entgeltforderung eines Apothekers gegen die Krankenkassen (§ 362 Abs. 1 BGB). Umsatzsteuerrechtlich erhält ein Apotheker den von den Leistungsempfängern an das Rechenzentrum als Zahlstelle entrichteten Betrag für die von ihm erbrachten Leistungen. Die Vereinnahmung des Entgelts erfolgt (spätestens) bei Eingang der Zahlungen der
Leistungsempfänger (der Krankenkassen) bei der Zahlstelle. Eine Uneinbringlichkeit des Entgelts scheidet demnach aus, wenn
die Leistungsempfänger mit befreiender Wirkung an die Zahlstelle eines Steuerpflichtigen leisten, die Forderung des
Steuerpflichtigen gegenüber der Zahlstelle aber uneinbringlich wird.
Umsatzsteuer: Zur Entnahme eines Kfz
aus dem Unternehmensvermögen
Wird ein Kfz ohne Möglichkeit des Vorsteuerabzugs (gebraucht) erworben und ins so genannte Unternehmensvermögen eingelegt, unterliegt die spätere Entnahme aus dem Unternehmensvermögen grundsätzlich nicht der Umsatzsteuer. Und wird das
Fahrzeug anschließend, das heißt nach der Entnahme, wieder veräußert, ist auch dieser Vorgang nicht umsatzsteuerbar. Doch
Vorsicht: Damit tatsächlich keine Umsatzsteuer entstehen soll, bedarf es objektiver Anhaltspunkte für die Entnahme und einer
gewissen Zeitspanne bis zum späteren Verkauf (Niedersächsisches FG, Urteil vom 3.4.2025, 5 K 15/24).
Im November 2015 legte der Kläger einen Pkw aus seinem Privatvermögen in das Betriebsvermögen ein und ordnete ihn
seinem Unternehmensvermögen zu. Ein Vorsteuerabzug erfolgte nicht. In 2016 ließ der Kläger den Pkw umfassend reparieren.
Aus den Reparaturaufwendungen und den laufenden Betriebskosten für den Pkw machte er Vorsteuerbeträge geltend. Am
22.10.2016 veräußerte der Kläger den Pkw.
In dem Kaufvertrag wurde keine Umsatzsteuer ausgewiesen. In der Buchhaltung des Klägers wurde eine Entnahme des Pkw
zum 25.10.2016 erfasst. In ähnlicher Weise wurde ein weiteres Kfz, ein Wohnmobil, zunächst – ohne Vorsteuerabzug – dem Unternehmensvermögen zugeordnet und dann ohne Ausweis von Umsatzsteuer wieder verkauft. Das Finanzamt ging davon aus,
dass die beiden Fahrzeuge zum Zeitpunkt der Veräußerung Unternehmensvermögen dargestellt hätten und nicht zuvor aus dem
Unternehmensvermögen entnommen worden seien, so dass die Veräußerungen umsatzsteuerpflichtig zum allgemeinen Steuersatz seien. Aufgrund der engen zeitlichen Zusammenhänge liege weder für den Pkw noch für das Wohnmobil ein ausreichender Nachweis einer Entnahmehandlung vor.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Begründung: Grundsätzlich ist es möglich, ein Wirtschaftsgut, das ohne Vorsteuerabzug erworben und ins Unternehmensvermögen eingelegt worden ist, nicht umsatzsteuerbar zu entnehmen und anschließend ohne Umsatzsteuer zu veräußern. Dies basiert insbesondere auf dem EuGH-Urteil vom 8.3.2001 (C-415/98) und dem BFH-Urteil vom 31.1.2002 (V R 61/96, BStBl 2003 II S. 813). Für die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit, besser gesagt für die unbesteuerte Veräußerung nach der Entnahme, bedarf es aber objektiver Anhaltspunkte für ebenjene vorherige Entnahme. Die bloße – wenn auch ausdrückliche – Erklärung des Unternehmers, den Umsatz nicht versteuern zu wollen, reicht als Nachweis für
die Entnahmehandlung nicht aus. Der Umstand, dass eine Entnahme zeitlich mit der Lieferung am gleichen Tag erfolgt sein soll,
spricht gegen eine Entnahme. Vielmehr muss die nach außen erkennbare Entnahme des Gegenstandes zeitlich vor dem Verkauf erfolgen, wobei es zur erforderlichen eindeutigen Abgrenzung auf den Zeitpunkt des ersten Angebots zum Verkauf des Gegenstandes bzw. die erste Verkaufsbemühung ankommt. Es bedarf also einer gewissen Zeitspanne zwischen Entnahme und
Verkauf.
Praxistipp:
Umsatzsteuerliches Unternehmensvermögen und ertragsteuerliches Betriebsvermögen müssen nicht identisch sein. Daher kann es angezeigt sein, zum einen die Entnahme aus dem Betriebsvermögen in der laufenden Buchhaltung zu vermerken und zum
anderen die Entnahme aus dem Unternehmensvermögen gesondert aufzuzeichnen und diese gegebenenfalls
dem Finanzamt explizit und frühzeitig anzuzeigen. Es reicht jedenfalls nicht aus, wenn die Entnahme erst bei Erstellung des Jahresabschlusses verbucht wird (vgl. BFH-Beschluss vom 25.8.2003, V B 254/02).
Umsatzsteuer: Pauschale Vergütungen
für Schutzmasken waren steuerpflichtig
Die so genannte Schutzmaskenpauschale, die Apotheken während der Corona-Pandemie erhielten, unterlag der Umsatzsteuer. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 6.2.2025 (V R 24/23) entschieden. Zum Hintergrund: Menschen aus bestimmten
Risikogruppen hatten während der Hochphase der Corona-Pandemie Zugang zu kostenlosen bzw. vergünstigten FFP2-Masken. In der so genannten Phase 1 durften sie drei kostenlose FFP2-Schutzmasken in der Apotheke abholen. Gemäß § 5 Abs. 1
SchutzmV erhielt die jeweilige Apotheke für die Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Abs. 1 SchutzmV eine Pauschale, die
anfänglich 6 Euro für jede Schutzmaske betrug. Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass die Apotheker insoweit
steuerbare Leistungen erbracht haben, wobei das Entgelt durch das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) als Dritten gezahlt
wurde. Der BFH hat der Finanzverwaltung nun im Ergebnis Recht gegeben.
Die Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Abs. 1 SchutzmV führte umsatzsteuerrechtlich zu einer Lieferung nach § 3 Abs.
1 UStG. Die Abgabe erfolgte aufgrund eines entgeltlichen Rechtsverhältnisses. Im Rahmen des sozialversicherungsrechtlichen
Sachleistungsprinzips war Empfänger der Lieferungen aber nicht eine gesetzliche Krankenkasse oder das BAS, mithin die
Bundesrepublik Deutschland. Vielmehr lag jeweils eine Lieferung an die anspruchsberechtigte Person im Sinne von § 1 SchutzmV
vor. Die Lieferung wurde gemäß § 5 Abs. 1 SchutzmV durch die an die Apotheken zu zahlende Pauschale als Drittentgelt vergütet. Aus dem jeweils festgesetzten Auszahlungsbetrag ergibt sich die Entgeltlichkeit, da die Zahlung danach der Beschaffung
der abzugebenden und damit zu liefernden Schutzmasken diente. Der Umstand der pauschalen Zahlung ändert nichts am unmittelbaren Zusammenhang zwischen der erbrachten Leistung und der empfangenen Gegenleistung, zumal es für die Entgeltlichkeit der Leistung unerheblich ist, ob das Entgelt dem Wert der Leistung entspricht. Unerheblich ist auch, ob ein Apotheker die Pauschale auch dann erhalten hätte, wenn er im Ausgabezeitraum überhaupt keine Schutzmaske an eine nach § 1 SchutzmV berechtigte Person abgegeben hätte. Ein unmittelbarer Zusammenhang scheitert auch nicht daran, dass eine Leistung erbracht wird, ohne dass ein Rechtsanspruch des Anspruchsberechtigten gegen einen Apotheker oder eine Verpflichtung zur Leistung bestand.
Praxistipp:
Die Aussagen des BFH sind sicherlich auf die Phase 2 der Abgaben von Schutzmasken sinngemäß übertragbar. In der Phase 2 erhielten die Anspruchsberechtigten sechs Masken, für die sie einen Eigenanteil von 2 Euro zu leisten hatten. Das heißt, die Berechtigten erhielten Coupons für jeweils sechs Masken von ihren Krankenkassen oder ihrer privaten Krankenversicherung. Diese konnten sie ebenfalls in den Apotheken einlösen. Hier dürfte einerseits von einem Entgelt unmittelbar von den anspruchsberechtigten Kunden und andererseits von einem Entgelt von dritter Seite auszugehen sein.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Midijobs: Neue Grenzwerte für den
Übergangsbereich
Ein Gehalt oberhalb der Minijob-Grenze unterliegt zwar der Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung, doch im so
genannten Übergangsbereich (früher: Gleitzone) werden die Sozialabgaben für die Arbeitnehmer von einer ermäßigten Bemessungsgrundlage berechnet – und zwar nach einer komplizierten Berechnungsformel. Seit dem 1. Januar 2025 liegt der Übergangsbereich bei den „Midijobs“ zwischen 556,01 Euro und 2.000 Euro. Ab dem 1. Januar 2026 wird der Übergangsbereich bei „Midijobs“ im Bereich von 603,01 Euro bis 2.000 Euro liegen, da die Minijob-Grenze auf 603 Euro erhöht wird.
Ab dem 1.1.2027 wird der Übergangsbereich – aufgrund der weiteren Erhöhung des Mindestlohns auf 14,60 Euro und damit auch der Geringfügigkeitsgrenze auf 633 Euro – zwischen 633,01 Euro und 2.000 Euro liegen
Alle Steuerzahler
Außensteuergesetz: Zurechnungsbesteuerung für Stiftungen europarechtswidrig
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 3.12.2024 (IX R 32/22) entschieden, dass die Beschränkung der Ausnahme von der Zurechnungsbesteuerung auf ausländische Stiftungen mit Geschäftsleitung oder Sitz in
einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt.
Geklagt hatten die in Deutschland lebenden Begünstigten einer Schweizer Familienstiftung. Das Finanzamt hatte diesen unter Berufung auf das Außensteuergesetz das Einkommen (2012) bzw. die Einkünfte (ab 2013) der Schweizer Familienstiftung zugerechnet. Die Kläger hatten daher das Einkommen bzw. die Einkünfte der Schweizer Familienstiftung zu versteuern, obwohl sie keine Ausschüttungen von dieser erhalten hatten. Eine Ausnahme von der Zurechnung versagte das Finanzamt, da diese nach dem Außensteuergesetz nur für Familienstiftungen mit Geschäftsleitung oder Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens gilt. Der BFH hat den Klägern nun Recht gegeben. Die Kapitalverkehrsfreiheit gilt auch für Drittstaatensachverhalte und gebietet eine Anwendung der Ausnahme von der Zurechnungsbesteuerung auch für Familienstiftungen mit Geschäftsleitung oder Sitz in einem Drittstaat.
Praxistipp:
Für die Praxis bedeutet die Entscheidung insbesondere, dass sich die Begünstigten der im „CommonLaw-Raum“ weit verbreiteten Trusts auch auf die Ausnahme von der Zurechnungsbesteuerung berufen können. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Erweiterung auf den Umfang der Zurechnungsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz auswirken wird
(Quelle: BFH-Pressemitteilung vom 24.4.2025).
Nachzahlungszinsen: Kein Billigkeitserlass trotz Erbstreitigkeiten
Steuernachzahlungen und -erstattungen werden nach Ablauf einer Karenzzeit verzinst (§ 233a AO). Der Zinssatz betrug früher 0,5 Prozent pro Monat, seit 2019 beträgt er 0,15 Prozent pro Monat. Die Zinsen werden unabhängig von einem Verschulden, etwa aufgrund der zögerlichen Bearbeitung der Steuererklärung durch das Finanzamt, festgesetzt.
Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass auch ein Billigkeitserlass von Nachzahlungszinsen nicht in Betracht kommt, wenn einem Steuerpflichtigen aufgrund einer zunächst unklaren Erbrechtssituation bestimmte Einkünfte erst nach vielen Jahren zugerechnet werden und die entsprechenden Steuerbescheide – samt Festsetzung hoher Nachzahlungszinsen – ebenfalls erst nach vielen Jahren erteilt bzw. geändert werden (BFH-Urteil vom 9.4.2025, X R 12/21).
Nach dem Tod des Erblassers im Jahre 2012 kam es zu langjährigen Streitigkeiten um die Erbfolge. Erst im Jahre 2018 wurde der Streit beigelegt und der Erbschein erteilt, der den Kläger – neben zwei weiteren Erben – als Erbe auswies. In 2019 ergingen an den Kläger geänderte Steuerbescheide für die Jahre 2012 bis 2017. Dabei wurden ihm anteilig Einkünfte zugerechnet. Diese beruhten wiederum auf den Feststellungsbescheiden, die an die Erbengemeinschaft gerichtet waren. Mit der Steuernachzahlung wurden hohe Nachzahlungszinsen festgesetzt. Der Erbe beantragte daraufhin den Erlass der gesamten Zinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen. Zur Begründung führte er an, es sei jahrelang nicht klar gewesen, wer an der Erbengemeinschaft
beteiligt sei und wem welche Einkünfte zuzurechnen seien. Ihn treffe an der Verzögerung keine Schuld. Doch mit seinem Anliegen ist er auch beim BFH gescheitert.
Die Begründung: Der Umstand, dass der Steuerpflichtige aufgrund der unklaren Erbrechtssituation nicht in der Lage war, die Besteuerungsgrundlagen früher zu ermitteln bzw. zu schätzen und eine Vorauszahlung auf die zu erwartenden Steuern zu leisten,
um eine Zinsentstehung zu verhindern oder jedenfalls zu reduzieren, begründet keine sachliche Unbilligkeit. Der Liquiditäts- und
Zinsvorteil ist typisierend anzunehmen.
Diese gesetzgeberische Entscheidung darf durch Billigkeitsmaßnahmen nicht unterlaufen werden. Auf die fehlende Nutzungsmöglichkeit der Nachlassgegenstände durch den Steuerpflichtigen während des Erbscheinverfahrens kommt es nicht an. Ein Verschulden ist für Zwecke der Steuerverzinsung nach § 233a AO prinzipiell irrelevant
Bestattungsvorsorge: Kosten sind keine
außergewöhnliche Belastung
Aufwendungen für die eigene Bestattungsvorsorge stellen keine außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 Abs. 1 EStG dar und
sind folglich nicht abziehbar (Finanzgericht Münster, Urteil vom 23.6.2025, 10 K 1483/24 E).
Im zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger einen Bestattungsvorsorge-Treuhandvertrag abgeschlossen. Er machte die hierfür
angefallenen Aufwendungen von 6.500 Euro als außergewöhnliche Belastungen geltend.
Doch das Finanzamt und auch das Finanzgericht haben einen Abzug nicht zugelassen.
Durch die Bestattungsvorsorge seien dem Kläger keine zwangsläufig größeren Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Zwar sei anerkannt, dass Beerdigungskosten dann als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein können, wenn diese von den Erben getragen werden. Doch hier komme ein Abzug nur in Betracht, soweit die Kosten nicht aus dem Nachlass bestritten oder durch sonstige im Zusammenhang mit dem Tod zugeflossenen Geldleistungen gedeckt seien. Wenn die Aufwendungen den Verkehrswert des Nachlasses nicht übersteigen, fehle es bereits an einer Belastung. Dies müsse erst recht für einen Erblasser gelten, der die Aufwendungen für die eigene Bestattungsvorsorge aus seinem eigenen Vermögen erbringe.