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Mandantenrundschreiben Oktober 2025

Mandantenrundschreiben OKTOBER

Unternehmer und Geschäftsführer

Umsatzsteuer: Vertretungsweise Übernahme ärztlicher Notfalldienste steuerfrei

Der ärztliche Notfalldienst ist auch dann von der Umsatzsteuer befreit, wenn ein Arzt ihn vertretungsweise für einen anderen Arzt gegen Entgelt übernimmt. Umsätze eines Arztes aus Blutentnahmen für die Polizeibehörde sind hingegen steuerbar und steuerpflichtig – so lautet das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 14.5.2025 (XI R 24/23).
Der Kläger ist selbstständiger Arzt, der mit der Kassenärztlichen Vereinigung eine Vereinbarung über die freiwillige Teilnahme
am ärztlichen Notfalldienst abgeschlossen hat. Er übernahm in den Jahren 2012 bis 2016 für andere, an sich zum Notfalldienst
eingeteilte Ärzte als Vertreter deren „Sitz und Fahrdienste“ in eigener Verantwortung. Gegenüber den vertretenen Ärzten
rechnete der Kläger hierfür einen Stundenlohn zwischen 20 Euro und 40 Euro ab.
Daneben führte der Kläger in den Streitjahren für die Polizeibehörde Blutentnahmen durch. Er unterwarf sämtliche Zahlungen
nicht der Umsatzsteuer. Er ging davon aus, dass es sich jeweils um steuerfreie Heilbehandlungsleistungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG handele. Das Finanzamt vertrat dagegen die Ansicht, dass die Entgelte, die er von den anderen Ärzten für deren Vertretung erhielt, umsatzsteuerpflichtig seien. Auch die Entgelte für die Durchführung der Blutentnahmen waren nach Ansicht des Finanzamts umsatzsteuerpflichtig. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos, doch der BFH gewährte die Umsatzsteuerbefreiung für den Notfalldienst. Die Leistungen im Zusammenhang mit der Blutentnahme wertete allerdings auch der BFH als steuerpflichtig Begründung: Bei der Übernahme der ärztlichen Notfalldienste durch einen Vertreter der zunächst eingeteilten Ärzte handelt es sich um umsatzsteuerfreie Heilbehandlungsleistungen im Bereich der Humanmedizin im Sinne des
§ 4 Nr. 14 Buchst. a UStG. Es trifft zwar zu, dass sich die vertretenen Ärzte durch die Vertretung beim Notfalldienst quasi Freizeit „erkauft“ haben, das heißt, dass sie sich lediglich von ihrer eigenen Verpflichtung, einen ärztlichen Notfalldienst während eines festgelegten Zeitraums erbringen zu müssen, haben freistellen lassen.
Doch dies ist für die Frage der Steuerfreiheit nur vordergründig relevant. Entscheidend ist vielmehr, dass der Vertreter die
zum Notfalldienst eingeteilten Ärzte nur deshalb durch die Übernahme des Dienstes freistellen kann, weil er dann selbst
den ärztlichen Notfalldienst ausführt. Die vertretungsweise Übernahme von Notfalldiensten gewährleistet eine zeitnahe Behandlung von Notfallpatienten im jeweiligen Einsatzgebiet. Die Bereitschaft, jederzeit und unmittelbar privat- und kassenärztliche Leistungen in Notfällen zu Zeiten zu erbringen, zu denen eine haus- oder fachärztliche Versorgung nicht stattfindet, dient an sich einem therapeutischen Zweck, da der Vertreter bzw. der Arzt sich während des Bereitschaftsdienstes bereithält, um gesundheitliche Gefahrensituationen bei Notfallpatienten zu erkennen, gegebenenfalls sofort entsprechende Maßnahmen einzuleiten und damit einen größtmöglichen Erfolg einer (späteren) Behandlung in einer Klinik, bei einem Fach- oder Hausarzt sicherzustellen. Umsätze eines Arztes aus Blutentnahmen für die Polizeibehörde sind hingegen steuerbar und steuerpflichtig, da diese Leistungen nicht ihrem Hauptzweck nach therapeutischen Zwecken dienen, sondern der Beweiserhebung im Zusammenhang mit einem strafrechtlich oder öffentlich-rechtlich geführten Verfahren.

Praxistipp:
Wie der BFH ausführt, überträgt er seine Rechtsprechung zu Bereitschaftsdiensten bei Großveranstaltungen (BFH-Urteil vom 2.8.2018, V R 37/17) nun auf den so genannten „Sitz- und Fahrdienst“. Mit dem Urteil aus 2018 hat er entschieden, dass Leistungen
eines Arztes im Rahmen eines Notdienstes bei Großveranstaltungen (z.B. Rundgänge auf dem Veranstaltungsgelände) nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerfreie Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin sind.

Künstlersozialversicherung: Abgabe sinkt in 2026 auf 4,9 Prozent

Im Jahr 2026 wird der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung von derzeit 5,0 Prozent auf 4,9 Prozent sinken. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat zur Künstlersozialabgabe-Verordnung 2026 (KSA-VO 2026) die entsprechende Ressort und Verbändebeteiligung eingeleitet.
Über die Künstlersozialversicherung werden derzeit mehr als 190.000 selbstständige Künstler und Publizisten als Pflichtversicherte in den Schutz der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung einbezogen. Die selbstständigen Künstler und Publizisten tragen, wie abhängig Beschäftigte, die Hälfte ihrer Sozialversicherungsbeiträge. Die andere Beitragshälfte wird durch einen Bundeszuschuss (20 Prozent) und durch die Künstlersozialabgabe der Unternehmen, die künstlerische und publizistische Leistungen verwerten (30 Prozent), finanziert. Die Künstlersozialabgabe wird als Umlage erhoben. Der Abgabesatz wird jährlich für das jeweils folgende Kalenderjahr festgelegt und beträgt derzeit 5,0 Prozent.
Bemessungsgrundlage sind alle in einem Kalenderjahr an selbstständige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte

Praxistipp:
Mit dem „Vierten Bürokratieentlastungsgesetz“ sind zwei Erleichterungen für die abgabepflichtigen Unternehmen beschlossen worden: Seit dem 1.1.2025 beträgt die Bagatellgrenze für erteilte Aufträge 700 Euro. Und ab dem 1.1.2026 wird sie weiter auf 1.000
Euro angehoben (§ 24 Abs. 2 und § 54 KSVG). Ferner wird seit 2025 neben der Übungsleiterpauschale auch die Ehrenamtspauschale gemäß § 3 Nr. 26a EStG (derzeit 840 Euro) aus der Bemessungsgrundlage für die Abgabe ausgenommen (§ 25 Abs. 2 KSVG).

Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Buß- und Verwarnungsgelder: Kein
steuerlicher Abzug möglich

Vor einigen Wochen fand in mehreren Bundesländern wieder ein so genannter Blitzermarathon statt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass verhängte Buß- und Verwarnungsgelder nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar sind, selbst wenn die Geschwindigkeitsübertretungen während beruflicher oder betrieblicher Fahrten erfolgt sind. Der Ausschluss ist gesetzlich geregelt und gilt für „von einem Gericht oder einer Behörde festgesetzte Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder“ (§ 4 Abs. 5 Nr. 8 i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG). Die eventuelle Übernahme Buß- und Verwarnungsgelder durch den Arbeitgeber stellt im Übrigen für den Arbeitnehmer steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Denn die Arbeitgeberleistung erfolgt hier nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse und ist deshalb nicht steuerfrei. Verstöße gegen die Rechtsordnung, die mit Bußgeldern belegt sind, würden nicht zu den „notwendigen Begleiterscheinungen betriebsfunktionaler Zielsetzungen“ zählen. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber die Fahrer angewiesen hat, Lenk- und Ruhezeiten nicht einzuhalten (BFH-Urteil vom 14.11.2013, VI R 36/12).
Bei der Übernahme von „Knöllchen“ gibt es lediglich eine eng umrissene Ausnahme:
Zahlt der Arbeitgeber als Halter eines Kfz das Verwarnungsgeld wegen einer ihm gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 OWiG erteilten Verwarnung auf eine eigene Schuld, führt die Zahlung grundsätzlich nicht zu Arbeitslohn bei dem Arbeitnehmer, der die Ordnungswidrigkeit begangen hat (BFH-Urteil vom 13.8.2020, VI R 1/17, BStBl 2021 II S. 103 ).
Das Urteil betrifft aber nur Park- und Halteverstöße, bei denen der Halter des Kfz in Anspruch genommen wird (§ 25a StVG).
Es betrifft nicht Geschwindigkeitsüberschreitungen, bei denen der Fahrer verwarnt wird. Zudem gilt die Steuerfreiheit
nur, wenn der Arbeitgeber gegen die Fahrer wegen der Verstöße keinen (vertraglichen oder gesetzlichen) Regressanspruch hat.
Sofern jedoch dem Arbeitgeber ein realisierbarer Schadensersatzanspruch gegen den jeweiligen Fahrer zusteht und der Arbeitgeber dem Fahrer seine Forderung erlässt, liegt ein geldwerter Vorteil vor, der steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellt

Praxistipp:
Die Sache wurde seinerzeit an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im betreffenden Fall hat das Finanzgericht Düsseldorf geurteilt, dass kein Regressanspruch bestanden hat und folglich kein Zufluss von Arbeitslohn erfolgte. Soweit der Arbeitgeber bei der
Verhängung von Verwarngeldern über Jahrzehnte hinweg von einem Rückgriff abgesehen hat, habe sich aus Sicht der
Fahrer ergeben, dass ihr Arbeitgeber von der Geltendmachung von Ersatzansprüchen trotz des Anhaltens zur Einhaltung der Regeln der StVO im Hinblick auf die besonderen Arbeitsumstände ihrer Tätigkeit absehen würde (FG Düsseldorf, Urteil vom
12.11.2021, 1 K 2470/14 L).

Immobilienbesitzer

Photovoltaikanlagen: Zum Verbot des
Betriebsausgabenabzugs in 2022

Seit dem Jahr 2022 sind die Einnahmen aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei. Geregelt ist dies in § 3 Nr. 72 EStG. Andererseits dürfen Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der Anlage nicht mehr
steuerlich geltend gemacht werden. Nun haben aber zahlreiche Steuerbürger ihre Photovoltaikanlagen bereits in 2021 bestellt, während diese erst in 2022 installiert wurden. Bei Bestellung der Anlagen und sogar bis weit ins Jahr 2022 hinein konnten sie darauf vertrauen, dass sie ihre Anfangsverluste steuerlich geltend machen können. Erst mit der Beschlussempfehlung
des Finanzausschusses vom 30.11.2022 wurde die genannte Steuerbefreiung, die laut Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022
zum 1.1.2023 in Kraft treten sollte, auf den 1.1.2022 vorgezogen. Das Finanzgericht Düsseldorf hat dennoch keine verfassungs-rechtlichen Zweifel an der rückwirkenden Einführung des Gesetzes zum 1.1.2022 (FG Düsseldorf, Urteil vom 24.6.2025, 4 K 1286/24 E). Die Klägerin hatte im Juni 2021 den Auftrag erteilt, eine Photovoltaikanlage zu installieren. Wegen der Corona-Krise wurde die Anlage aber verzögert errichtet und erst im Dezember 2022 an das Stromnetz angeschlossen. Der Abzug der Betriebsausgaben bzw. des Anfangsverlustes wurde ihr versagt. Hiergegen wehrt sich die Klägerin. Es liege eine rückwirkende, belastende Rechtsänderung vor, da diese den Betreibern die im Anschaffungsjahr 2022 fest eingeplante Steuerminderung aus der Sonder-AfA nachträglich raube und eine echte Liquiditätsbelastung beschere. Doch die Klage wurde abgewiesen.

Es habe kein schutzwürdiges Vertrauen darauf bestanden, dass im Veranlagungszeitraum 2022 entstandene Verluste steuerwirksam bleiben, spätere Gewinne aber steuerfrei gestellt werden. Dies gelte ungeachtet der zwischenzeitlichen gesetzgeberischen Bestrebungen, eine Steuerfreistellung erst ab dem 1.1.2023 einzuführen. Das Bundesverfassungsgericht differenziere zwischen einer echten und einer – hier vorliegenden – unechten Rückwirkung, bei der belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden (BVerfG-Beschluss vom 7.7.2010, 2 BvL 14/02). Eine solche unechte Rückwirkung sei am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
zu messen. Im Fall der Photovoltaikanlagen sei es dem Gesetzgeber gerade darum gegangen, in Konstellationen wie der
vorliegenden zu verhindern, dass mit der Anschaffung verbundene Verluste steuerwirksam bleiben, während zukünftige
Einnahmen steuerfrei sind. Schon ein solches Fiskalinteresse könne im Bereich der unechten Rückwirkung zur Rechtfertigung
ausreichen, wenn keine besonderen Momente der Schutzbedürftigkeit hinzutreten.

Praxistipp:
Gegen das Urteil wurde die Revision zugelassen. Diese wurde zwischenzeitlich auch eingelegt. Das Az. beim Bundesfinanzhof lautet X R 17/25.

Alle Steuerzahler

Erbschaft- und Schenkung: Geschlechtsspezifische Sterbetafeln zulässig?

Es gibt gewisse Fälle im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, bei denen die voraussichtliche (durchschnittliche) Lebenserwartung des Steuerpflichtigen von Bedeutung ist. Dazu greift die Finanzverwaltung auf so genannte Sterbetafeln des Statistischen Bundesamts zurück. Aus den Sterbetafeln wiederum ergeben sich Vervielfältiger, die das Bundesfinanzministerium jeweils veröffentlicht. Die Werte werden nach Männern und Frauen getrennt ermittelt, da Frauen- durchschnittlich betrachtet – länger leben als Männer. Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass die Verwendung von geschlechtsspezifischen Sterbetafeln bei der Bewertung lebenslänglicher Nutzungen und Leistungen für Zwecke der Erbschaft und Schenkungsteuer nicht gegen das
verfassungsrechtliche Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG verstößt (BFH-Urteile vom 20.11.2024, II R 38/22, II R
41/22 und II R 42/22).
Der Vater schenkte seinen Kindern im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge Anteile an einer GmbH. Er behielt sich aber
den lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch an den übertragenen Anteilen vor.
Bei der Festsetzung der Schenkungsteuer gegenüber den Kindern zog das Finanzamt von dem Wert der Anteile den Kapitalwert des Nießbrauchsrechts des Vaters ab, da der Nießbrauch die Bereicherung der Kinder und die Bemessungsgrundlage für die Schenkungsteuer minderte. Den Kapitalwert ermittelte es durch Multiplikation des Jahreswerts des Nießbrauchs mit einem Vervielfältiger, der der amtlichen Sterbetafel zu entnehmen war. Die Kinder machten geltend, dass die Ermittlung des
Kapitalwerts lebenslänglicher Nutzungen und Leistungen anhand unterschiedlicher Vervielfältiger für Männer und Frauen gegen Art. 3 Abs. 3 GG verstoße. Doch dem sind die Richter nicht gefolgt.
Die Heranziehung geschlechterdifferenzierender Sterbetafeln sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Da die statistische
Lebenserwartung von Männern und Frauen unterschiedlich hoch sei, ermögliche die Verwendung der geschlechtsspezifisch
unterschiedlichen Vervielfältiger genauere und realitätsgerechtere Bewertungsergebnisse als die Verwendung geschlechtsneutraler Vervielfältiger. Die Anwendung der geschlechtsspezifischen Sterbetafeln könne sich für den Steuerpflichtigen je nach Fallkonstellation günstiger oder ungünstiger auswirken und führe nicht in jedem
Falle zu einer Benachteiligung aufgrund des eigenen Geschlechts. 

Praxistipp:
Die Entscheidungen des BFH ergingen zur Rechtslage im Jahr 2014. Der BFH hatte nicht darüber zu entscheiden, welche Auswirkungen sich aus dem am 1.11.2024 in Kraft getretenen Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag für die Bewertung lebenslänglicher Nutzungen und Leistungen ergeben – so der BFH.
Ohnehin ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Denn ob die Anwendung geschlechtsspezifischer Sterbetafeln
bei der Bewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer rechtens ist, muss das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Die Az. beim BVerfG lauten 1 BvR 880/25, 1 BvR 881/25, 1 BvR 882/25.

Altersvorsorge: Keine Nutzung der RiesterFörderung für Ehegatten-Darlehen

Auch die Bildung von Wohneigentum wurde in die Riester-Förderung einbezogen. So darf das Kapital des Altersvorsorgevertrages
beispielsweise zur Tilgung eines Darlehens genutzt werden, das für die Anschaffung oder Herstellung eines Eigenheims aufgenommen wurde. Man spricht auch von einer „wohnungswirtschaftlichen Verwendung“.
Geregelt ist dies in § 92a und b EStG. Jedoch stellen sich immer wieder Fragen, wenn es darum geht, inwieweit das Kapital des Altersvorsorgevertrages tatsächlich „wohnungswirtschaftlich“ verwendet werden darf. Nun hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Tilgung eines von dem Ehegatten aufgenommenen Darlehens keine wohnungswirtschaftliche Verwendung des Kapitals ist.
Folglich ist eine solche Verwendung unzulässig, das heißt, das Kapital kann nicht für die Tilgung eines Darlehens des Ehegatten
genutzt werden (BFH Urteil vom 2.4.2025, X R 6/22).
Eheleute erwarben im September 1998 gemeinsam ein Gebäude. Zuvor hatten sie in einer Immobilie gewohnt, die sie im September 2000 verkauft haben. Zur Finanzierung des 1998 erworbenen Objekts hatte der Ehemann mehrere Darlehen aufgenommen. Diese dienten zugleich der Umfinanzierung für die im Zuge der ersten Immobilie aufgenommenen Darlehen. Die Ehefrau wurde nicht Schuldnerin der Darlehen, hatte aber bereits im Oktober 1994 zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche der Bank gegen ihren Ehemann eine selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen. Im August 2020 beantragten die Eheleute nach §§ 92a und b EStG die Entnahme von Kapital aus ihren Altersvorsorgeverträgen zur Sondertilgung der Darlehen. Die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) lehnte den Antrag
der Ehefrau aber mit der Begründung ab, sie sei nicht unmittelbare Darlehensschuldnerin, so dass für sie keine wohnungswirtschaftliche Verwendung gegeben sei. Einspruch, Klage und Revision blieben ohne Erfolg. Gemäß § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG kann der Zulageberechtigte das in einem Altersvorsorgevertrag gebildete und geförderte Kapital bis zum Beginn der Auszahlungsphase unmittelbar für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung (Alternative 1) oder zur Tilgung eines zu diesem Zweck aufgenommenen Darlehens verwenden (Alternative 2, so genannte Entschuldungsalternative). Allerdings folgt aus der gesetzlichen Systematik, dass die Tilgung eines nicht vom Zulageberechtigten selbst aufgenommenen Darlehens keine begünstigte wohnungswirtschaftliche Verwendung sein kann. Das gilt auch dann, wenn der Darlehensnehmer der Ehegatte ist.
Die Übernahme der selbstschuldnerischen Bürgschaft ändert an diesem Ergebnis nichts.

Kindergeld: Volontariat gilt nur bei sehr
geringer Vergütung als Ausbildung

Laut einem erst jetzt veröffentlichten Urteil des Finanzgerichts Düsseldorfs gilt eine Volontärstätigkeit bei einem Verlag nicht als
Berufsausbildung, wenn die Ausbildungsvergütung so hoch ist, dass das Kind seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten kann (FG
Düsseldorf, Urteil vom 29.9.2021, 7 K 2643/19 Kg). Die Tochter hatte nach abgeschlossenem Bachelorstudium eine auf zwei Jahre befristete Tätigkeit als Volontärin eines Verlages aufgenommen. Laut Vertrag betrug die regelmäßige Wochenarbeitszeit 40 Stunden bei einem Bruttomonatsgehalt von zunächst rund 2.000 Euro und später von rund 2.200 Euro. Die Familienkasse lehnte die Zahlung von Kindergeld ab. Hiergegen wehrte sich die Mutter. Zur Begründung führte sie aus, das endgültige Berufsziel ihrer Tochter sei Redakteurin/Journalistin. Dieses könne erst über das Volontariat erreicht werden. Doch ihre Klage blieb ohne Erfolg.
Die Begründung des Gerichts: Zwar ist der Klägerin zuzustimmen, dass gerade im Bereich des Presse- und Verlagswesens das
Absolvieren eines Volontariats regelmäßig Voraussetzung für den verantwortlichen Einsatz (und die volle Entlohnung) als Redakteur oder Journalist ist und typischerweise
der endgültigen Anstellung als Redakteur ein Redaktionsvolontariat vorausgeht. Auch enthielt das Volontariat durchaus Ausbildungselemente. Gegen den Ausbildungscharakter spricht aber entscheidend, dass die Höhe des Gehalts der Tochter nicht dem eines Auszubildenden vergleichbar ist. Die Gerichtsbarkeit hat bereits in früheren Urteilen wesentlich darauf abgestellt, ob eine vom Gesetz typisierend unterstellte Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern durch das in Berufsausbildung befindliche Kind vorliegt (BFH-Urteil vom 2.7.1993 III R 66/91; BFH-Urteil vom 2.7.1993, III R 70/92;
FG Niedersachsen, Urteil vom 21.4.1999, II 684/97 Ki). Das an die Tochter gezahlte Gehalt liegt zwar unterhalb des Einstiegsgehalts
für Redakteure, es übersteigt aber in erheblicher Höhe die Ausbildungsvergütungen in anderen Bereichen. 

Praxistipp:
Ob es sich bei einer Tätigkeit als Volontär, als Trainee oder als bezahlter Praktikant um eine Berufsausbildung oder um ein Arbeitsverhältnis handelt, hängt nicht von der Bezeichnung der Maßnahme ab. Entscheidend ist vielmehr, ob die Erlangung beruflicher Qualifikationen oder die Erbringung von Arbeitsleistungen im Vordergrund steht (BFH-Urteil vom 23.3.2022, III R
41/20). Insofern kann ein Volontariat also grundsätzlich als Berufsausbildung anzuerkennen sein. Entscheidend für den Kindergeldanspruch ist allerdings darüber hinaus die Höhe der Entlohnung. Und diese dürfte dem Kindergeldanspruch in vielen Fällen entgegenstehen.