Unternehmer und Geschäftsführer
Elektrofahrzeuge: Neue „Elektroauto-AfA“ nicht auf Neuwagen beschränkt
Der Gesetzgeber hat eine „Elektroauto-AfA“ eingeführt. Für rein elektrisch betriebene Fahrzeuge kann nun eine arithmetisch-degressive Abschreibung mit fallenden Staffelsätzen in Anspruch genommen werden.
Die Elektroauto-AfA beträgt 75 Prozent im Jahr der Anschaffung, 10 Prozent im ersten darauf folgenden Jahr, 5 Prozent im zweiten darauf folgenden Jahr, 5 Prozent im dritten darauffolgenden Jahr, 3 Prozent im vierten darauf folgenden Jahr und 2 Prozent im fünften darauf folgenden Jahr (§ 7 Abs. 2a EStG). Nach der Gesetzesbegründung umfasst die Regelung ausschließlich
„neu angeschaffte“, rein elektrisch betriebene Fahrzeuge des Betriebsvermögens (BT-Drucksache 21/323). Sie wird für Anschaffungen im Zeitraum von Juli 2025 bis Dezember 2027 befristet eingeführt. Die Formulierung „neu angeschaffte“ ist
offenbar vielfach so verstanden worden, dass nur „neue“ Fahrzeuge von der Elektroauto-AfA begünstigt sind. Herr Ralf
Hörster, Ministerialrat und Referatsleiter im Bundesfinanzministerium, weist in einem Aufsatz für die Fachzeitschrift Neue
Wirtschafts-Briefe aber ausdrücklich hin, dass die Regelung nicht auf Neufahrzeuge beschränkt ist. Dies sei im Zuge der parlamentarischen Beratungen klargestellt worden (NWB 29/2025, Seite 1970).
Ausland: BFH konkretisiert Voraussetzungen für eine ausländische Betriebsstätte
Die Einkünfte, die Steuerpflichtige aus einer ausländischen Betriebsstätte erzielen, sind in Deutschland üblicherweise steuerfrei und unterliegen (nur) der ausländischen Besteuerung. Der Bundesfinanzhof hat nun konkretisiert, wann von einer ausländischen Betriebsstätte auszugehen ist (BFH-Urteile vom 18.12.2024, I R 47/21 und I R 39/21). Im Grundfall I R 47/21 hatte ein in Deutschland lebender Taxiunternehmer (Kläger) aufgrund seiner Mitgliedschaft in einer Schweizerischen Taxifunkzentrale
Zugang zu deren Büroraum in der Schweiz. Dieser Raum war mit drei Arbeitsplätzen eingerichtet und stand insgesamt drei Taxiunternehmern zur Verfügung. Der Kläger nutzte den Büroraum (einschließlich eines abschließbaren Standcontainers) für geschäftsleitende Tätigkeiten sowie für die Personalverwaltung seiner angestellten Taxifahrer, die Vorbereitung der laufenden
Buchführung, das Rechnungswesen, die Finanzkontrolle sowie die Kontrolle der Einhaltung behördlicher Auflagen.
Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts, die Einkünfte des Taxiunternehmers in Deutschland unter Progressionsvorbehalt steuerfrei zu stellen, da in der Schweiz die Voraussetzungen einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte erfüllt seien. Hierfür sei die „Verwurzelung“ des Unternehmens mit dem im Ausland belegenen Ort der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit maßgebend. Diese Verwurzelung folge aus einer Gesamtwürdigung der in Wechselwirkung zueinander stehenden Merkmale der zeitlichen und örtlichen Festigkeit der Geschäftseinrichtung sowie der dauerhaften Verfügungsmacht des Unternehmens über diese Geschäftseinrichtung. Der persönliche Standcontainer sei insoweit ein Indiz für die dauerhafte Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung (hier: den Büroraum). Darüber hinaus seien in dem Büroraum nicht nur Hilfstätigkeiten ausgeübt worden. Die Haupttätigkeit eines Taxiunternehmers mit mehreren angestellten Taxifahrern erschöpfe sich nicht allein im Fahren von Taxis zum Zwecke der Personenbeförderung. Vielmehr gehörten hierzu auch die geschäftsleitenden und zentralen unternehmerisch-administrativen Tätigkeiten, die der Taxiunternehmer in dem Büroraum in der
Schweiz ausgeübt habe.
In dem Verfahren I R 39/21 ging es um die zeitlichen Voraussetzungen einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte. Sowohl
für das Innehaben der Geschäftseinrichtung als auch für die unternehmerische Tätigkeit, die in der Geschäftseinrichtung
ausgeübt wird, hat der BFH eine Mindestdauer von sechs Monaten festgelegt. Ein Unternehmen, das nur für weniger als
sechs Monate existiere, rechtfertige selbst dann keine Ausnahme, wenn die Tätigkeit dieses Unternehmens vollständig in der
ausländischen Geschäftseinrichtung ausgeübt worden sei (Quelle: Pressemitteilung des BFH vom 2.5.2025).
Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Ermittlung der Lohnsteuer: Steuerklasse
VI bei fehlender Identifikationsnummer
Solange der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine steuerliche Identifikationsnummer nicht mitteilt, muss der Arbeitgeber
die Lohnsteuer nach der Steuerklasse VI ermitteln. Trifft den Arbeitnehmer keine Schuld an der fehlenden Mitteilung seiner
Identifikationsnummer, hat der Arbeitgeber die voraussichtlichen Lohnsteuer-Abzugsmerkmale längstens für drei Kalendermonate zu Grunde zu legen. Er kann für die Berechnung der Lohnsteuer bei Ledigen also zunächst doch die Steuerklasse I zugrunde legen. Wenn diese drei Monate verstrichen sind, ohne dass der Arbeitnehmer die Identifikationsnummer mitteilt, muss
der Arbeitgeber die Steuer indes – rückwirkend – nach der Steuerklasse VI berechnen und ans Finanzamt abführen (§ 39c Abs. 1
EStG). Wie das Niedersächsische Finanzgericht rechtskräftig entschieden hat, gelten diese Regelungen auch bei der Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter, die sich mitunter nur wenige Monate in Deutschland aufhalten (Urteil vom 13.3.2024, 3 K
13/24). Ein Arbeitgeber beschäftigte mehrere ausländische Arbeitnehmer jeweils nur für wenige Monate. Das Finanzamt
stellte fest, dass der Arbeitgeber für die Arbeitnehmer keinen Abruf der elektronischen Lohnsteuer-Abzugsmerkmale (ELStAM) vorgenommen hatte. Letztlich hatten wohl viele Mitarbeiter auch gar keine Identifikationsnummern mitgeteilt. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass daher für die betroffenen Arbeitnehmer die Lohnsteuerklasse VI anzuwenden war und forderte vom Arbeitgeber Lohnsteuern nach. Dieser hingegen argumentierte, dass die Arbeitnehmer in der Regel erstmals in Deutschland tätig seien und damit noch gar keine Identifikationsnummer hätten, die einen Abruf der ELStAM-Daten ermöglichen würde. Da die Zuteilung zudem regelmäßig mehrere Wochen bis Monate dauern würde, hätte angesichts der kurzen Dauer der Beschäftigungsverhältnisse gar kein Druck auf die Arbeitnehmer ausgeübt werden können, sondern wären diese vielmehr
diskriminiert worden. Der Arbeitgeber scheiterte jedoch mit seiner Klage. Für den Fall, dass der Arbeitnehmer die fehlende Mitteilung der Identifikationsnummer nicht zu vertreten hat, sieht § 39c Abs. 1 Satz 2 EStG vor, dass der Arbeitgeber dem Lohnsteuerabzug die voraussichtlichen Lohnsteuer-Abzugsmerkmale zugrunde zu legen hat. Da die Steuerklasse VI gilt, wenn der Arbeitnehmer nebeneinander von mehreren Arbeitgebern Arbeitslohn bezieht und es hier um eine Vollzeittätigkeit geht, stellt die Steuerklasse I und nicht die Steuerklasse VI die wahrscheinlichste Steuerklasse dar. Dies gilt allerdings längstens für drei Monate. Darüber hinaus ist hier § 39c Abs. 1 Satz 3 EStG zu berücksichtigen. Danach ist rückwirkend die Steuerklasse VI anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nach Ablauf von drei Monaten immer noch nicht die Identifikationsnummer mitgeteilt hat. Daraus folgt, dass die Steuerklasse VI schlussendlich doch zur Anwendung kommt, wenn die steuerliche Identifikationsnummer nicht zu den Lohnkonten nachgereicht wird. Die rückwirkende Änderung der Steuerklasse wäre für den Arbeitgeber zwar mit
Aufwand verbunden und zudem möglicherweise auch nicht mehr durchführbar gewesen, weil die Arbeitnehmer teilweise nicht mehr erreichbar waren. Er hätte dies aber vermeiden können, indem er zunächst die Steuerklasse VI angewendet und den Arbeitnehmern angeboten hätte, die Lohnsteuer später zu mindern, sobald die Identifikationsnummer vorliegt. Da für
die Arbeitnehmer zudem die Möglichkeit existierte, zu einer zutreffenden Besteuerung zu gelangen, liegt kein verfassungswidriger Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG vor. Es liegt auch keine mittelbare Diskriminierung
ausländischer Arbeitnehmer vor, weil § 39c Abs. 1 Satz 2 EStG eine vorläufige Handhabung ermöglicht, die neu eine Arbeit
aufnehmende Arbeitnehmer von der Anwendung der Steuerklasse VI freihält. Die Anwendung der Steuerklasse VI hängt im
Übrigen nicht von der Staatsangehörigkeit ab.
Praxistipp:
Anfang 2024 hat das Bundesfinanzministerium zu der Frage Stellung genommen, wie Arbeitgeber die steuerliche Identifikationsnummer für die elektronische Übermittlung von Lohnsteuerbescheinigungen ermitteln sollten, wenn diese noch nicht vom Arbeitnehmer mitgeteilt wurde. Auch wurde dargelegt, was geschieht, wenn die Identifikationsnummer durch den Arbeitnehmer schuldhaft nicht vorgelegt wurde bzw. weiterhin nicht vorgelegt wird oder ermittelt werden kann (BMF-Schreiben vom 23.1.2024, BStBl 2024 I S. 211). Letztlich gilt aber auch nach Auffassung des BMF: Nur in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer die fehlende Mitteilung der steuerlichen Identifikationsnummer nicht zu vertreten hat (oder der Arbeitgeber aufgrund von technischen Störungen die steuerliche Identifikationsnummer nicht abrufen kann), kann der Arbeitgeber für die Lohnsteuerberechnung die voraussichtliche Steuerklasse längstens für drei Kalendermonate zugrunde legen.
Sachbezug: Kostenaufteilung bei zur
Firmenfitness registrierten Mitarbeitern
Immer mehr Arbeitgeber bieten ihren Mitarbeitern die kostenlose oder verbilligte Teilnahme an Firmenfitness-Programmen
an. Der geldwerte Vorteil aus der Teilnahme ist steuerfrei, wenn die monatliche Freigrenze von 50 Euro für Sachbezüge
nicht überschritten wird (§ 8 Abs. 2 EStG). Mit dem Finanzamt kommt es allerdings oft zum Streit darüber, wie der Gesamtbetrag, den der Arbeitgeber aufwendet, auf die Mitarbeiter zu verteilen ist. Das heißt: Kommt es auf die Mitarbeiter an, die für das Firmenfitness-Programm tatsächlich registriert sind, oder auf die vom Arbeitgeber „erworbenen“ Lizenzen? Das Niedersächsische Finanzgericht hat diesbezüglich entschieden, dass es auf die Anzahl der vom Arbeitgeber erworbenen Lizenzen
nicht ankommt, wenn diese von der Anzahl der tatsächlich registrierten Mitarbeiter abweicht (FG Niedersachsen, Urteil vom
17.4.2024, 3 K 10/24). Der Arbeitgeber ermöglichte seinen Mitarbeitern verbilligt die Teilnahme an einem Firmenfitness-Programm. Hierfür registrierten sich im Laufe der Jahre etwa jeweils 80 bis 100 Arbeitnehmer, wovon dann ca. 2/3 tatsächlich trainierten. Mit dem Anbieter des Fitness-Programms schloss der Arbeitgeber eine Vereinbarung, wonach er bestimmte „Lizenzen“ für einen festen Betrag erwarb. Die Anzahl der erworbenen Lizenzen war wesentlich geringer als die Anzahl der registrierten Nutzer. Dennoch stand das Angebot allen registrierten Mitarbeitern offen. Bei Verteilung der Kosten des Arbeitgebers lediglich nach Lizenzen wäre die Freigrenze für Sachbezüge überschritten gewesen; bei der Verteilung nach registrierten Mitarbeitern nicht. Das Finanzgericht urteilte, dass es für die Verteilung der Kosten auf die Anzahl der tatsächlich registrierten Mitarbeiter ankommt.
Die Begründung des Gerichts: Der Anbieter des Firmenfitness-Programms legt die Anzahl der Lizenzen (zunächst) entsprechend
einer Prognose bzw. einer internen Kalkulation fest. Keinesfalls steht das Angebot nur denjenigen bzw. so vielen Mitarbeitern
offen, wie Lizenzen vorhanden sind. Die vom Arbeitgeber aufgewandten Kosten für das Firmenfitness-Programm sind folglich
auf all jene Arbeitnehmer umzulegen, die sich für die Teilnahme registriert haben.
Der Arbeitgeber erfüllt sein vertragliches Versprechen, seinen an dem Firmenfitness-Programm teilnehmenden Arbeitnehmern die Nutzung der Anlagen verbilligt zu ermöglichen, fortlaufend durch Einräumung der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit. Auf die tatsächliche Nutzung der Anlagen kommt es hingegen nicht an.
Praxistipp:
Die Nutzung von Fitnessstudios oder Firmenfitness-Programmen gilt grundsätzlich nicht als betriebliche Gesundheitsförderung, für die der Arbeitgeber bis zu 600 Euro im Jahr nach § 3 Nr. 34 EStG steuerfrei aufwenden darf. Es bleibt nur die monatliche
Sachbezugsgrenze von 50 Euro (§ 8 Abs. 2 EStG), die aber insgesamt für alle Sachbezüge und nicht „pro“ einzelnem
Sachbezug gilt. Es ist im Übrigen bei den vertraglichen Modalitäten darauf zu achten, dass der geldwerte Vorteil nicht gleich im Januar für das gesamte Jahr als zugeflossen gilt. Der Bundesfinanzhof hat aber entschieden, dass einem Arbeitnehmer der geldwerte Vorteil aus der vergünstigten Nutzung eines Fitnessstudios auch dann monatlich zufließt, wenn der Arbeitgeber seinerseits einen Jahresvertrag abgeschlossen hat (BFH-Urteil vom 7.7.2020, VI R 14/18).
Alle Steuerzahler
Kinderwunsch: Kosten des „social freezing“ von Eizellen nicht abziehbar
Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht hat entschieden, dass die medizinische Empfehlung zur Entnahme und Lagerung
von Eizellen, um gegebenenfalls später einen Kinderwunsch zu ermöglichen („social freezing“), allein nicht ausreicht, um die
Kosten als außergewöhnliche Belastungen abziehen zu können. Dies gilt auch bei einem zuvor diagnostiziertem PCO-Syndrom
(Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 19.3.2025, 2 K 80/24).
Die Klägerin machte Aufwendungen für die Kryokonservierung als außergewöhnliche Belastungen geltend. Sie sei am PCO-Syndrom erkrankt. Je weiter ihre Erkrankung voranschreite, desto geringer sei die Wahrscheinlichkeit einer Befruchtung der Eierstöcke. Aus diesem Grunde sei ihr von ihrer Ärztin dringend empfohlen worden, ihre Eizellen zur späteren Verwendung für eine
künstliche Befruchtung einzufrieren. Es handele sich nicht um ein „social freezing“, das heißt einem Einfrieren der Eizellen
ohne medizinischen Grund. Bei ihr sei das Einfrieren der Eizellen medizinisch indiziert, da sie bereits heute eine stark eingeschränkte Fertilität habe. Dennoch wurden die Aufwendungen weder vom Finanzamt noch vom Finanzgericht anerkannt.
Aufwendungen für die künstliche Befruchtung bei Sterilität sind als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, wenn diese
in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen wird (BFH-Urteil vom 5.10.2017, VI R
47/15). Hier sei bei der Klägerin aufgrund eines vorliegenden PCO-Syndroms aber „lediglich“ die Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer Schwangerschaft verringert gewesen. Somit habe bei der Klägerin keine ärztlich diagnostizierte Sterilität vorgelegen. Die behandelnde Ärztin habe im Übrigen nur eine Empfehlung zur Lagerung von Eizellen zur späteren Verwendung für eine
künstliche Befruchtung ausgesprochen. Der ärztlichen Bescheinigung sei auch nicht zu entnehmen, dass bei der Klägerin eine künstliche Befruchtung zur Erfüllung eines späteren Kinderwunsches erforderlich sein wird, so dass die Entnahme der
Eizellen nicht in einen entsprechenden Zusammenhang gestellt werden kann und sich eine medizinische Indikation hierfür
nicht ergibt. Auch die Tatsache, dass die von der behandelnden Ärztin ausgestellten Rechnungen auf „social freezing“ lauten, spreche dafür, dass eine medizinische Indikation für die Entnahme der Eizellen nicht vorlag.
Kindergeld: Wenn die Familienkasse gegen ihre Ermittlungspflicht verstößt
Für ein Kind, das sich in einer Zweitausbildung befindet, etwa ein Studium nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung,
kann Kindergeld zu gewähren sein. Voraussetzung ist aber grundsätzlich, dass das Kind nebenher nicht mehr als 20 Stunden
pro Woche arbeitet. Erfährt die Familienkasse, dass das Kind doch mehr als 20 Stunden arbeitet bzw. gearbeitet hat, wird
sie die Festsetzung des Kindergeldes verweigern oder nachträglich aufheben. Doch wie ist der Fall zu beurteilen, wenn die Eltern die Familienkasse frühzeitig über die Arbeitsaufnahme des Kindes (mit mehr als 20 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit)
informiert haben, die Familienkasse aber hierauf nicht reagiert und das Kindergeld- fälschlicherweise – über Monate weiter
ausgezahlt hat? Darf sie das Kindergeld dann trotzdem zurückfordern?
Das Finanzgericht Düsseldorf hat entschieden, dass die Änderung der Kindergeldfestsetzung in einem solchen Fall einen
Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben darstellen kann. Die Änderung des Bescheides bzw. die Rückforderung
des Kindergeldes kann dann rechtswidrig sein (FG Düsseldorf, Urteil vom 8.3.2024, 15 K 1957/23 Kg). Es liegt allerdings zwischenzeitlich die Revision beim Bundesfinanzhof vor (Az. III R 43/24).
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nachdem der Sohn eine Ausbildung erfolgreich absolviert hatte, nahm
er ab dem Wintersemester 2018/2019 ein Vollzeitstudium auf. Die Mutter gab gegenüber der Familienkasse zunächst an, dass
ihr Sohn eine Erwerbstätigkeit mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden ausübe. Das Kindergeld
stand ihr also zweifelsohne zu und wurde auch entsprechend festgesetzt. Etwas später informierte die Mutter die Familienkasse darüber, dass sich die wöchentliche Arbeitszeit des Kindes seit dem 1.10.2018 auf 23,1 Stunden pro Woche erhöht habe. Und
noch einmal später informierte sie die Familienkasse erneut über die Erwerbstätigkeit des Sohnes und die entsprechende wöchentliche Stundenzahl von über 20 Stunden. Doch erst mit Bescheid vom August 2023 wurde die Festsetzung des
Kindergeldes für den Zeitraum von Oktober 2018 bis Juni 2022 aufgehoben und der für diesen Zeitraum überzahlte Betrag von
9.910 Euro zurückgefordert. Zur Begründung wurde angeführt, dass die Voraussetzungen zur Berücksichtigung volljähriger
Kinder nicht erfüllt seien. Doch die Mutter wehrte sich hiergegen erfolgreich vor dem Finanzgericht. Zwar stehe der Klägerin für den Streitzeitraum kein materieller Kindergeldanspruch zu. Jedoch sei der angefochtene Aufhebungsbescheid aus verfahrensrechtlichen
Gründen rechtswidrig, weil es an einer Korrekturvorschrift, die die Durchbrechung der Bestandskraft des ursprünglichen Festsetzungsbescheides rechtfertigen könnte, fehlt. So sei die Änderung eines Bescheides gemäß § 173 Abs. 1 Nr.
1 AO nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ausgeschlossen, wenn der Behörde die nachträglich bekannt gewordene
Tatsache bei ordnungsgemäßer Erfüllung ihrer Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wäre. Vorliegend habe die Familienkasse ihre Ermittlungspflicht aus § 88 AO verletzt, während auf der anderen Seite die Klägerin ihren Mitwirkungspflichten
umfänglich Genüge getan hat. Angesichts der Information der Klägerin hätte die Familienkasse den Mitteilungen nachgehen
und sie zum Anlass einer Überprüfung der Kindergeldfestsetzung nehmen müssen.
Verträge zwischen Nahestehenden:
Schriftform nicht zwingend erforderlich?
Bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen oder nahestehenden Gesellschaften verlangen die Finanzämter üblicherweise die
Schriftform – anderenfalls wird den Verträgen die steuerliche Anerkennung versagt.
Doch nun hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der unterbliebene Abschluss eines schriftlichen Vertrages
allein nicht dazu führen darf, dass einem Vertragsverhältnis zwischen nahestehenden Personen oder Gesellschaften die
steuerliche Anerkennung zu verweigern ist (BVerfG-Urteil vom 27.5.2025, 2 BvR 172/24).
In dem Verfahren ging es um Vereinbarungen zwischen so genannten Schwester-Personengesellschaften. Das Finanzamt wollte
einen formlosen Werkvertrag zwischen den beiden Gesellschaften nicht anerkennen und versagte den Abzug von Betriebsausgaben. Es begründete dies damit, dass keine schriftlichen Vereinbarungen vorliegen würden, die die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien geregelt hätten. Das Finanzgericht gab dem Finanzamt Recht. Da keine schriftlichen Vereinbarungen vorgelegen hätten, komme es auf die Frage der tatsächlichen Durchführung des Werkvertrages nicht mehr an. Die Revision wurde nicht zugelassen und der Bundesfinanzhof wies die entsprechende Nichtzulassungsbeschwerde zurück (FG Thüringen, Urteil vom 30.3.2022, 1 K 68/17; BFH-Beschluss vom 8.3.2023, IV B 35/22). Doch die Klägerin legte Verfassungsbeschwerde ein, die die Karlsruher Richter sowohl als zulässig als auch als begründet ansahen.
Das Finanzgericht habe im Rahmen des anzustellenden Fremdvergleichs die Einhaltung der Schriftform zu einem Tatbestandsmerkmal des § 4 Abs. 4 EStG, also des Betriebsausgabenabzugs, verselbständigt, was in unhaltbarer Weise der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts widerspreche. Es bestehe vielmehr die Verpflichtung zu einer Gesamtwürdigung auf Basis der festgestellten Tatsachen. Dem angegriffenen Urteil des Finanzgerichts könne eine solche Gesamtwürdigung nicht
ansatzweise entnommen werden.
Praxistipp:
Letztlich müssen Finanzämter und Finanzgerichte beispielsweise Zeugenaussagen und auch die tatsächliche Durchführung eines Vertrages berücksichtigen. Beweisanträge zur Frage konkludent oder mündlich getroffener Vereinbarungen dürfen sie nicht einfach mit der Begründung ablehnen, dass der „strenge Fremdvergleichsgrundsatz“ schriftliche Vereinbarungen erfordern würde und daher Zeugenaussagen ohne Belang seien. Doch Vorsicht: Es bleibt dabei, dass Steuerpflichtige die Beweislast für
steuermindernde Tatsachen haben. Daher sollte bei Verträgen die Schriftform gewählt werden.
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