Unternehmer und Geschäftsführer
Gewerbeverlust: Keine Relevanz der Unternehmensidentität bei Anwachsung?
Ein Verlust kann bei der Gewerbesteuer – in gewissen Grenzen – in einem der kommenden Erhebungszeiträume mit einem positiven Gewerbeertrag verrechnet werden (Verlustvortrag gem. § 10a GewStG). Die Kürzung des Gewerbeertrages in dem jeweiligen Gewinnjahr setzt aber sowohl eine Unternehmer- als auch eine Unternehmensidentität voraus. Nur derjenige, der den Verlust erlitten hat, soll ihn später gewerbesteuermindernd geltend machen können. Und auch die Tätigkeiten des Betriebes sollen – weitestgehend – gleich geblieben sein. Bei Kapitalgesellschaften wiederum wird die Unternehmensidentität
allerdings als unproblematisch angesehen, denn ihre Tätigkeit gilt nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb. Eine Änderung ihrer wirtschaftlichen Betätigung berührt die Unternehmensidentität einer Kapitalgesellschaft nicht, solange derselbe einheitliche Gewerbebetrieb weiterhin existiert. Das Kriterium der Unternehmensidentität hat danach für den Fortbestand des vortragsfähigen Gewerbeverlusts bei einer Kapitalgesellschaft – zumindest grundsätzlich – keine Bedeutung.
Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass ein ursprünglich im Betrieb einer Personengesellschaft entstandener und durch Anwachsung auf eine Kapitalgesellschaft übergegangener Gewerbeverlust nicht dadurch entfällt, dass die Kapitalgesellschaft den verlustverursachenden Geschäftsbereich im Wege eines Asset Deals weiterveräußert (BFH-Urteil vom 25.4.2024, III R 30/21). Die Klägerin, eine GmbH, hatte als Gesamtrechtsnachfolgerin einer GmbH & Co. KG im Jahr 2011 deren Gewerbeverlust übernommen. Auslöser der Gesamtrechtsnachfolge war eine durch eine Verschmelzung verursachte Anwachsung des KG-Vermögens. Die Klägerin führte den Betrieb der KG zunächst weiter. In den Feststellungsbescheiden zum vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31.12.2011 und 31.12.2012 blieb der zum 31.12.2010 festgestellte Gewerbeverlust der KG bei der Klägerin erhalten. Zweifelhaft wurde dies im Streitjahr 2013, in dem sie ihr operatives Geschäft durch Übertragung aller Vermögenswerte (Asset Deal) veräußerte. Im Anschluss an eine Außenprüfung betrachtete das Finanzamt den von der KG herrührenden Gewerbeverlust bei der Klägerin als untergegangen und erließ entsprechende Änderungsbescheide. Das Finanzgericht gab der von der Klägerin erhobenen Klage
statt.
Der BFH hat das Urteil der Vorinstanz bestätigt. Es bestehe keine Grundlage für das vom Finanzamt bejahte Entfallen des bei der GmbH nach der Anwachsung ununterscheidbar festgestellten Gewerbeverlusts. Insbesondere gehe eine solche weder aus § 10a GewStG noch aus § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG hervor. Von dem Grundsatz der Unerheblichkeit der Unternehmensidentität bei einer Kapitalgesellschaft sei nach geltendem Recht auch im Anschluss an eine Anwachsung keine Ausnahme zu machen. Die Veräußerung des von der KG übernommenen Geschäftsbetriebs habe nichts daran geändert, dass die bei der Klägerin verbliebene andere Unternehmenstätigkeit nach § 2 Abs. 2 Abs. 1 GewStG weiterhin in vollem Umfang als einheitlicher und zugleich identischer Gewerbebetrieb galt. Um zu dem vom Finanzamt gewünschten Entfallen des von der KG übernommenen Gewerbeverlusts bei der GmbH zu gelangen, bedürfte es sowohl in materiell-rechtlicher als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht einer näheren Ausgestaltung durch den Gesetzgeber.
Fahrtenbuch eines Berufsgeheimnisträgers: Dürfen Daten geschwärzt werden?
Für einen Firmenwagen, der auch privat genutzt wird, muss ein Privatanteil versteuert werden, der sich entweder nach der so genannten Ein-Prozent-Regelung oder aber nach der Fahrtenbuchmethode ermittelt. In einem ordnungsgemäßen Fahrtenbuch sind grundsätzlich auch der jeweils aufgesuchte Kunde oder Geschäftspartner oder – wenn ein solcher nicht vorhanden ist – der konkrete Gegenstand der geschäftlichen Verrichtung aufzuführen. Allerdings unterliegen bestimmte Berufsgruppen einer Verschwiegenheitspflicht, etwa Ärzte oder Rechtsanwälte. Und dann stellt sich die Frage, ob die Namen der Patienten oder Mandanten im Fahrtenbuch geschwärzt werden dürfen. Die Finanzämter sind insoweit zuweilen recht streng und fordern für eine ordnungsgemäße Fahrtenbuchführung auch die Angabe der Namen von Patienten oder Mandanten. Die Finanzgerichte hingegen erlauben – im gewissen Rahmen – eine Anonymisierung. Allerdings darf dies nicht so weit gehen, dass die Beweiskraft eines Fahrtenbuchs erheblich eingeschränkt ist. Wie weit genau eine Anonymisierung gehen darf, ist nun Bestandteil eines Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof (Az. VIII R 35/24). Vorausgegangen ist ein Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 13.11.2024 (3 K 111/21).
Der Kläger, ein Rechtsanwalt, legte dem Finanzamt ein Fahrtenbuch vor. Darin waren bei allen beruflich veranlassten Fahrten – bis auf drei Ausnahmen – die Eintragungen in den Spalten „Fahrtstrecke“ und „Grund der Fahrt / besuchte Personen“ geschwärzt. Zahlreiche als beruflich eingetragene Fahrten hatten an Wochenenden stattgefunden. Zu den Schwärzungen erklärte der Kläger, dass die Eintragungen der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht unterlägen. Die Offenbarung von Daten sei für ihn schon dann unzumutbar, wenn ein Restrisiko bestehe, dass diese Offenbarung später als Verletzung seiner anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht eingestuft werde. Dennoch verwarfen Finanzamt und Finanzgericht das Fahrtenbuch und berechneten die Privatnutzung des Pkw nach der Ein-Prozent-Methode.
Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch liege nur dann vor, wenn die Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sind. Berufsgeheimnisträger seien zwar berechtigt, bei der Vorlage eines Fahrtenbuchs Schwärzungen vorzunehmen, soweit diese Schwärzungen erforderlich sind, um die Identitäten von Mandanten zu schützen.
Die Schwärzungen müssten jedoch auf das erforderliche Maß beschränkt bleiben und dürften sich nicht auf Daten erstrecken, die nicht der Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Schwärzungen dürften daher nur bei solchen Daten vorgenommen werden, die Rückschlüsse auf die Identitäten von Mandanten zulassen. Ortsnamen dürften grundsätzlich nicht geschwärzt werden. Keine Schwärzungen dürften ferner vorgenommen werden bei Fahrten in die eigene Kanzlei oder Fahrten zu Behörden, wenn zu diesen kein Mandatsverhältnis besteht. Wenn ein Berufsgeheimnisträger berechtigt ist, einzelne Eintragungen in seinem Fahrtenbuch zu schwärzen, ändere dies nichts an der grundsätzlichen Beweislastverteilung. Lediglich die Anforderungen an die Überprüfbarkeit des Fahrtenbuchs könnten in Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalls herabgesetzt werden. Gegebenenfalls müsse der Berufsträger substantiiert und nachvollziehbar darlegen, weshalb Schwärzungen in dem erfolgten Umfang erforderlich waren, und die berufliche Veranlassung der betroffenen Fahrten durch ergänzende Angaben darlegen. Gemessen daran könne das Fahrtenbuch im Streitfall nicht anerkannt werden. Es weise nicht einzelne Schwärzungen bei einzelnen Fahrten auf; vielmehr sei nahezu eine gesamte Spalte mit Daten geschwärzt, die erforderlich seien, um die materielle Richtigkeit des Fahrtenbuchs prüfen zu können.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Doppelte Haushaltsführung: Kein „eigener“ Haushalt im Haus der Eltern?
Wer aus beruflichen Gründen eine Zweitwohnung nutzt, kann die Kosten der doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten geltend machen. Dies setzt natürlich schon rein begrifflich voraus, dass in der Heimat ein eigener Hausstand unterhalten wird. Zum Streit mit dem Finanzamt kommt es diesbezüglich oft, wenn jüngere berufstätige Kinder während der Ausbildung oder nach Beendigung der Ausbildung weiterhin im elterlichen Haushalt ein Zimmer bewohnen. Hier sei anzunehmen, dass sie einen eigenen Hausstand nicht unterhalten, auch wenn sie sich zuhause an den Kosten der Haushaltsführung beteiligen. Sie seien im Allgemeinen in den Haushalt der Eltern eingegliedert. Folge: Mangels eines zweiten Haushalts können schon begrifflich keine Kosten der doppelten Haushaltsführung vorliegen (so z.B. FG Münster, Urteil vom 7.10.2020, 13 K 1756/18 E). Der Bundesfinanzhof muss nun die Frage klären, ob diese ablehnende Haltung auch bezüglich eines rund 30 Jahre alten Kindes gilt, das nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung auswärts studiert und lediglich über ein geringes Einkommen verfügt. Vorausgegangen ist ein – für den Steuerzahler – negatives Urteil des Finanzgerichts München vom 1.3.2023 (1 K 2311/20; Revision unter Az. VI R 12/23).
Der in 1986 geborene ledige Kläger hat nach abgeschlossener Ausbildung und nachgeholter Fachhochschulreife studiert. Während des Studiums (Streitjahre 2014 bis 2018) bezog er zunächst ein geringes Gehalt als Werkstudent bzw. als studentische Hilfskraft sowie später ein etwas höheres Gehalt als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Auswärts bewohnte er Studentenwohnungen bzw. Zimmer in Studentenwohnheimen. Außerdem behielt er seinen Wohnsitz im Haus seiner Eltern bei. Seine dortigen Räumlichkeiten umfassten zwar eine eigene Küche und ein eigenes Bad, doch eine baulich abgeschlossene Wohnung lag offenbar nicht vor. Der Kläger trug vor, er habe als gleichwertiges Haushaltsmitglied Aufgaben wie Garten-, Renovierungs-, Landwirtschafts- sowie Umbauarbeiten und sonstige Arbeiten übernommen und die Haushaltsführung maßgeblich mitbestimmt. Auch habe er im Rahmen seiner eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten einen Geldbetrag zur gemeinsamen Lebensführung beigetragen. Jedenfalls sei aufgrund seiner nichtselbstständigen Tätigkeit die Regelvermutung anzuwenden, wonach bei älteren, wirtschaftlich selbstständigen, berufstätigen Kindern von einer maßgeblichen Mitbestimmung der Haushaltsführung auszugehen sei. Er beantragte den Abzug von Kosten einer doppelten Haushaltsführung. Finanzamt und Finanzgericht verweigerten dies jedoch.
Es sei davon auszugehen, dass der Kläger weiterhin in den Haushalt seiner Eltern eingegliedert war, ohne diesen wesentlich zu bestimmen bzw. mitzubestimmen. Er habe keinen eigenen Hausstand im Haus seiner Eltern unterhalten. Auch ein „gleichwertig mitbestimmter Mehrgenerationenhaushalt“ lag nicht vor. Dem stehe insbesondere entgegen, dass die Eltern nicht zwingend auf die Unterstützung des Klägers angewiesen oder aufgrund von Alter und/oder Krankheit pflegebedürftig gewesen wären (die Eltern hatten einen landwirtschaftlichen Betrieb geführt). Dass der Kläger mit Aufnahme der Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter ein etwas höheres Einkommen erzielt hat, ändere an dieser Sichtweise nichts.
Immobilienbesitzer
Energetische Maßnahmen: Förderung
geht bei Steuerschuld von 0 Euro ins
Leere
Für gewisse energetische Maßnahmen am Eigenheim kann eine Steuerermäßigung nach § 35c EStG beantragt werden. Die Förderung verteilt sich auf drei Jahre. Im Kalenderjahr des Abschlusses der energetischen Maßnahme und im nächsten Kalenderjahr werden jeweils 7 Prozent der Aufwendungen, maximal 14.000 Euro jährlich, im dritten Jahr 6 Prozent der Aufwendungen, maximal 12.000 Euro, unmittelbar von der Steuerschuld abgezogen. Kürzlich hat das Finanzgericht Hamburg entschieden, dass eine Förderung nach § 35c EStG aber nur insoweit gewährt wird, wie der Steuerpflichtige während des Förderzeitraums in jedem Veranlagungszeitraum über einen ausreichend positiven Ausgangsbetrag verfügt. Das heißt: Verfügt er über eine tarifliche Steuerschuld von weniger als 14.000 Euro bzw. 12.000 Euro, erhält er nur eine gekürzte Förderung. Bei einer tariflichen Steuerschuld von 0 Euro geht die Förderung demnach völlig ins Leere (FG Hamburg, Urteil vom 6.8.2024, 1 K 73/24). Der Kläger ließ im Jahre 2021 eine energetische Sanierungsmaßnahme durchführen, für die er die Förderung nach § 35c EStG beantragte. Im Einkommensteuerbescheid 2021 setzte das Finanzamt eine tarifliche Einkommensteuer in Höhe von 0 Euro fest. Die Aufwendungen für die energetische Maßnahme wurden zwar dem Grunde nach anerkannt, doch der Höhe nach blieben sie außen vor, da die Steuerschuld bereits ohne den Abzug nach § 35c EStG bei 0 Euro lag. Dem Kläger nützte die Anerkennung der Maßnahme also zumindest im Veranlagungsjahr 2021 nichts, da er in diesem Jahr ohnehin keine Steuern gezahlt hatte. Ein Einspruch und die nachfolgende Klage blieben ohne Erfolg. Der Förderbetrag war im Jahr 2021 verloren und es wurde dem Kläger auch nicht gestattet, den zunächst nicht berücksichtigten Betrag der Förderung in 2022 geltend zu machen oder zumindest anteilig auf mehrere Jahre zu verteilen.
Die Begründung des Gerichts: Während des Förderzeitraums muss der Steuerpflichtige in jedem Veranlagungszeitraum über einen ausreichend positiven Ausgangsbetrag (also eine entsprechende tarifliche Steuerschuld) verfügen, um in den Genuss der Förderung nach § 35c EStG zu kommen. Denn nach dem Wortlaut des Gesetzes ist die steuerliche Förderung energetischer Sanierungsmaßnahmen durch § 35c EStG nur über einen gesetzlich festgelegten, starren Zeitraum von drei Veranlagungszeiträumen möglich. Hinsichtlich der jeweiligen Höhe besteht kein Wahlrecht zu einer Verteilung. Vor- oder Rücktragsmöglichkeiten in andere Veranlagungszeiträume sind nicht vorgesehen. Ein nicht verbrauchter Steuerermäßigungsbetrag geht daher steuerlich verloren.
Kapitalanleger
Virtuelle Währungen: Einzelfragen zur
steuerlichen Behandlung
Virtuelle Währungen, auch Kryptowährungen genannt, werden von den einen als Kapitalanlage oder Spekulationsobjekt angesehen, für andere gelten sie bereits als übliche Zahlungsmittel. Am bekanntesten sind sicherlich Bitcoins, doch die Liste der Kryptowährungen ist mittlerweile recht lang geworden. Die Frage, wie Geschäfte rund um Bitcoins und anderen Kryptowährungen steuerlich zu beurteilen sind, beschäftigt seit Jahren die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte. Das Bundesministerium der Finanzen hat nun ein aktualisiertes Schreiben zur steuerlichen Behandlung von Kryptowerten veröffentlicht:
(BMF-Schreiben vom 6.3.2025, IV C 1 – S 2256/00042/064/043).
Das BMF-Schreiben behandelt verschiedene Krypto-Sachverhalte, die technisch erläutert und ertragsteuerlich eingeordnet werden. Neben dem An- und Verkauf etwa von Bitcoin oder Ethereum betrifft dies insbesondere die Blockerstellung. Daneben beschäftigt sich das BMF-Schreiben mit Staking, Lending, Hard Forks, Airdrops sowie den ertragsteuerrechtlichen Besonderheiten von Utility und Security Token. Es würde den Umfang dieser Mandanteninformation sprengen, alle Einzelheiten vorzustellen. Daher sollen nur einige Punkte herausgegriffen werden:
Kryptowährungen können Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG sein. Das bedeutet für Vorgänge, die sich im Privatvermögen abspielen: Veräußerungsgewinne, die beim Tausch oder Rücktausch von Bitcoins usw. in Euro oder eine andere Kryptowährung entstehen, gelten als steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft, wenn Anschaffung und Umtausch innerhalb eines Jahres erfolgen. Ein Gewinn bleibt (nur) steuerfrei, wenn er unterhalb der Freigrenze von 1.000 Euro (bis 2023: 600 Euro) bleibt.
Bei Privatpersonen ist der Verkauf von erworbenen Bitcoin etc. nach einem Jahr steuerfrei (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Die Veräußerungsfristen beginnen nach jedem Tausch neu. Für die Ermittlung der Jahresfrist ist bei einer Anschaffung oder Veräußerung über eine zentrale Handelsplattform auf die dort aufgezeichneten Zeitpunkte abzustellen. Bei einem Direkterwerb oder einer Direktveräußerung ohne Zwischenschaltung von Intermediären, etwa über eine dezentrale Handelsplattform, ist aus Vereinfachungsgründen in der Regel auf die Zeitpunkte abzustellen, die sich aus der Wallet ergeben. Vorgänge im Zusammenhang mit virtuellen Währungen können aber auch dem Betriebsvermögen zuzuordnen sein. Dabei kommt es unter anderem darauf an, ob eine Tätigkeit nachhaltig, also mit einer gewissen Intensität ausgeübt wird. So ist die Blockerstellung nachhaltig, wenn sie auf Wiederholung angelegt ist. Werden Einheiten einer virtuellen Währung oder sonstige Token wiederholt angekauft und verkauft (einschließlich des Tausches in Einheiten anderer virtueller Währungen oder sonstige Token), kann ein solcher Handel eine gewerbliche Tätigkeit darstellen.
Die Blockerstellung stellt keine private Vermögensverwaltung dar. Sowohl beim Mining als auch beim Forging erhalten die Blockerstellenden die Blockbelohnung und die Transaktionsgebühren im Tausch für die Erstellung neuer Blöcke. Die Tätigkeit entspricht damit dem Bild eines Dienstleisters und ist gewerblich. Sind die Kryptowerte Betriebsvermögen, sind die Veräußerungserlöse Betriebseinnahmen. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns sind die individuellen – gegebenenfalls fortgeführten – Anschaffungskosten der veräußerten Kryptowerte abzuziehen. Davon kann abgewichen werden, wenn die individuellen Anschaffungskosten im Einzelfall nicht ermittelt und individuell zugeordnet werden können. In diesem Fall können diese mit den durchschnittlichen Anschaffungskosten bewertet werden. Einkünfte aus der Blockerstellung, die keiner anderen Einkunftsart zugerechnet werden können, können als Leistung nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbar sein. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn mangels Nachhaltigkeit keine gewerbliche Tätigkeit vorliegt. Sie sind nicht einkommensteuerpflichtig, wenn sie zusammen mit anderen Einkünften aus Leistungen weniger als 256 Euro im Kalenderjahr betragen haben.
Das BMF hat mit den Bundesländern nun Vorgaben zu den ertragsteuerlichen Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten bei Bitcoins und anderen Kryptowerten erarbeitet. Damit erhalten die Steuerpflichtigen – so das BMF – eine Hilfestellung bei der Dokumentation und Erklärung ihrer Einkünfte und die Finanzämter Hinweise zur Prüfung und zur Veranlagung entsprechender Steuererklärungen. Zudem hat das BMF einzelne Sachverhaltsdarstellungen und Regelungen des Vorgänger-Schreibens ergänzt. Dies betrifft insbesondere die Steuerreports, aber etwa auch das Claiming von Kryptowerten und den Ansatz von sekundengenauen Kursen und Tageskursen. Aufgrund des grenzüberschreitenden Charakters der behandelten Sachverhalte wird eine rechtsunverbindliche Übersetzung bereitgestellt. Das BMF-Schreiben finden Sie unter folgendem Link im Volltext: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Einkommensteuer/2025-03-06-einzelfragen-kryptowerte.html
Steuerstundungsmodelle: Beschränkung der Verlustverrechnung ist rechtens
Viele Anlagemodelle, insbesondere geschlossene Fonds, weisen den Anlegern in der Anfangsphase hohe Verluste zu. Bei Anlagen, die als so genannte Steuerstundungsmodelle gelten, sieht das Einkommensteuergesetz aber eine Beschränkung der Verlustverrechnung vor. Die Verluste dürfen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen und auch nicht im Wege des Verlustrück- oder -vortrags abgezogen werden (§ 15b Abs. 1 EStG). Sie mindern allein die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt. Ein Steuerstundungsmodell liegt vor, wenn auf Grund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen (§ 15b Abs. 2 Satz 1 EStG). Die Ausgleichsund Abzugsbeschränkung für Verluste aus Steuerstundungsmodellen ist auch im Fall eines definitiven, also endgültigen Verlusts verfassungsgemäß. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 21.11.2024 (IV R 6/22) entschieden. Im Streitfall beteiligte sich der Kläger als Kommanditist an einer im Jahr 2005 gegründeten GmbH & Co. KG, die ein Werk zur Herstellung von Biodiesel aus Raps errichtete und betrieb. Im Anlegerprospekt des geschlossenen Fonds wurden den potentiellen Anlegern für die Anfangsjahre 2005 bis 2007 kumulierte steuerliche Verluste in Höhe von 3,973 Mio. Euro prognostiziert. Gewinne sollten ab 2008 anfallen. Bis 2020 sollten die Anleger einen Totalüberschuss von rund 155 Prozent erwirtschaften. Tatsächlich wurde jedoch im Jahr 2009 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet und ihr Betrieb aufgegeben.
Das Finanzamt stufte die Gesellschaft als Steuerstundungsmodell ein und behandelte die Verluste der Kommanditisten als nur mit zukünftigen Gewinnen verrechenbar (und nicht als sofort ausgleichs- und abzugsfähig). Die gegen den Feststellungsbescheid für 2009 gerichteten Rechtsbehelfe des Klägers blieben erfolglos. Nach Ansicht des BFH hat sich der Kläger an einem Steuerstundungsmodell i.S. des § 15b EStG beteiligt. Die Annahme eines solchen Modells setze nicht voraus, dass sich eine Investition im Einzelfall als betriebswirtschaftlich nicht oder wenig sinnvoll darstelle. Der Anwendung des § 15b EStG stehe auch nicht entgegen, dass die im Streitjahr 2009 nicht ausgleichsfähigen Verluste aufgrund der Insolvenz der Gesellschaft und der Betriebsaufgabe nicht mehr mit späteren Gewinnen aus derselben Einkunftsquelle verrechnet werden können. Die Verlustausgleichs- und -abzugsbeschränkung erweise sich auch im Fall solcher definitiven Verluste als verfassungsgemäß. Ein hinreichender sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung liege in den mit § 15b EStG verfolgten Lenkungszwecken und im Aspekt der Missbrauchsvermeidung. Von der Verlustausgleichs- und Abzugsbeschränkung für Steuerstundungsmodelle bei Personengesellschaften seien zuletzt auch (individuelle) Sonderbetriebsausgaben des Gesellschafters wie etwa Verluste aus der Gewährung nachrangiger Gesellschafterdarlehen erfasst (BFH, Pressemitteilung vom 13.3.2025).